Hayn – Hain – Großenhain!

Seit 1856 gibt es den amtlichen Namen „Großenhain.“
Von Joachim Neumann, Großenhain.
Original im Großenhain Stadt- und Landkalender 2007 ff.

Das Jahr 1856 sollte ein sehr bedeutsames für unsere Stadt werden. Unter dem tatkräftigen Wirken des verdienstvollen Bürgermeisters Paul Wilhelm Schickert (im Amt von 1853 bis 1864) ging die Modernisierung der aufstrebenden Industriestadt unaufhörlich weiter. 1856 entstand die Freiwillige Feuerwehr und es wurde ein „Nachtwächter-Institut“ geschaffen, dessen Mitarbeiter in fünf festgelegten Distrikten für die Sicherheit sorgen sollten. In diesem Jahr begann die Anlegung des Promenadenringes um die Altstadt herum, legten besitzende Bürger mit der Gründung des Gasbeleuchtungs-Actienvereins den Grundstein für eine moderne Stadtbeleuchtung und gründeten ein „Comité“ zur Errichtung eines Bürgerhospitals. Es wurde die Anbringung von Namensschildern für öffentliche Straßen, Wege und Plätze festgelegt, weitere Unternehmen der Textilindustrie entstanden und auch die Gründung eines Armen-Arbeitshauses sowie einer Kindererziehungsanstalt wurden in die Wege geleitet.. (1)Die Stadt wuchs, wurde schöner und hatte mit dem von ihr finanzierten Bahnhofsgebäude in Priestewitz auch einen für die Wirtschaft wichtigen erreichbaren Eisenbahnanschluss.  Mit knapp 8000 Einwohnern, guter Verkehrslage sowie einem beachtlichen Postaufkommen, das besonders durch Industrie und Behörden geprägt war, befand sich Großenhain auf Platz 15 von allen 142 sächsischen Städten!Eine Schwierigkeit jedoch schien seit vielen Jahren unüberwindlich: Die des offiziellen Namens.           Abb.1  Ein nach “Großen-Hain“ gerichteter Brief aus dem Jahre 1760Wir wollen hier nicht über die unterschiedlichsten Bezeichnungen aus weit zurückliegenden Zeiten sprechen, die von Ozzek über Indago, Hagen und Hayn ein buntes Bild ergeben. Diese Entwicklung hat ja mehr oder weniger jede Ortsbezeichnung genommen. Wie aber sah es mit dem Namen der Stadt zu Beginn des 19. Jahrhunderts aus? Die einfache Antwort:  Es war für den Unkundigen eine kleine Katastrophe. Wir finden beispielsweise auf Briefen die Bestimmungs-angaben „Hain“, „Großen-Hain“, „Großenhayn“ oder „Großenhain“.  Aber offiziell hieß die Stadt “Hain“ und zumindest der Stadtrat und die königlichen Behörden mussten sich an diese Bezeichnung halten.            Abb.2   Die unterschiedlichsten Ortsbezeichnungen auf BriefenWie kompliziert die ganze Sache war, zeigt ein Blick in ein topographisches Lexikon Deutschlands aus dem Jahre 1849.  Unter „Großenhain“ heißt es: Siehe Hain. Aber unter „Hain“ finden wir im Gebiet des damaligen Deutschen Bundes 34 Orte aufgeführt, weitere sieben stehen als „Hayn“ verzeichnet, wovon jeweils einige auch noch in der anderen Schreibweise aufgeführt werden. Arme Post, bemitleidenswerter Handelsreisender! (2)Zumindest einen Vorteil hatte unser Hain – es war von allen aufgeführten Orten die einzige Stadt. Was lag also näher, als daraus, eben als sinnvolle und auch stolze Unterscheidung, Großenhain werden zu lassen? Diese Handhabung war natürlich nicht verbindlich, entstand aber schon weit vor dem 19. Jahrhundert, wie es Abbildung 1 belegt.                       Zuerst war es wohl die Post, die sich auf  die verbindliche Bezeichnung Großenhain festlegte. Als nämlich nach preußischem Vorbild auch in Sachsen 1818 Briefstempel eingeführt wurden, tragen sie von Anfang an die im Volke eingebürgerte Bezeichnung der Stadt in Großbuchstaben: GROSSENHAYN, ab 1852 GR.HAIN und schließlich ab 1856 GROSSENHAIN.

                                 

Abb. 3    Die Ortsbezeichnung im StempelbildSchließlich war es am 16. Juni 1856 auch für alle anderen Bereiche soweit: Im Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen erscheint die „Bekanntmachung, die künftige Benennung der Stadt Großenhain betreffend“. Das Innenministerium unter dem Freiherrn v.Beust gestattete damit die ausschließliche Benutzung des Namens „Großenhain“, um künftig keine „Irrungen“ mehr entstehen zu lassen. (3)Abb.4   Die Bekanntmachung im Gesetz und Verordnungsblatt (Stadtarchiv Großenhain)Das „Großenhainer Unterhaltungs- und Anzeigeblatt“ (das diesen Stadtnamen ebenso selbstverständlich wie schon ab 1807 seine Vorgänger benutzt hatte) teilte später mit:„Das Ministerium des Innern macht bekannt, daß auf Antrag der Communvertretung unsere jetzt bald Hain, bald Großenhain genannte Stadt in Zukunft nur den Namen „Großenhain“ führen soll“.(4)Hatte Bürgermeister Schickert am 17. Juni 1856 noch eine Mitteilung des Stadtrats mit der Ortsbezeichnung „Hain“ versehen, so trat aber auch hier, am 23. Juni, die neue amtliche Ortsbezeichnung hervor. Nun waren auch die Behörden  dort angekommen, wo sich Kirche, Wirtschaft, Post und der einfache Mann schon lange befanden: In Großenhain.

Anmerkungen

1        Vgl. Großenhainer Unterhaltungs- und Anzeigeblatt, Jahrgang 1856 sowie:            Heerde, Dietrich: Zeittafel zu: Karl Preusker und seine Zeit, Großenhain 19862        Huhn, Eugen: Lexikon von Deutschland, Bd.2, Hildburghausen 18493        Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen, 7tes Stück vom Jahre 1856, S.1374        Großenhainer Unterhaltungs- und Anzeigeblatt, 25.6.1856Alle Abbildungen, soweit nicht anders bezeichnet, stammen aus der postgeschichtlichen Sammlung des Verfassers.